Ludwig van Beethoven
Messe C-Dur
Passionsoratorium "Christus am Ölberge"
Ulmer Kantorei und Nymphenburger Kantatenchor
Samstag, 16. April 2011 19.00 Uhr St. Matthäus-Kirche München
Sonntag, 17. April 2011 18.00 Uhr Pauluskirche Ulm
Artikel im Sonntagsblatt Bayern 16/2011
Sopran Mi Yeon Baek anstelle von Kim Leah Reibnitz
Messe C-Dur (Op. 86)
Es gibt nur wenige Sakralwerke aus der Feder Beethovens. Sein Interesse ging in
eine andere Richtung. Dabei war er durchaus mit der Kirchenmusik vertraut. Schon
in jungen Jahren amtierte er als stellvertretender Hoforganist in der Bonner
Residenz. Eine kleine Anzahl von Orgelstücken hat sich erhalten. Seine
Vertrautheit mit dem Messetext zeigt sich in der gewaltigen Missa Solemnis von
1823 und in unserer heute erklingenden C-Dur-Messe von 1807, dem Jahr, in dem er
an der 5. Sinfonie arbeitete.
Die Messe zeigt ein eigenwilliges kompositorisches Bild: Neu gegenüber der
klassischen Orchestermesse ist die – übrigens bei Haydn schon angelegte –
persönliche Ausdeutung des Textes, zum Beispiel durch kurze Choreinwürfe
zwischen den Solopartien oder durch starke dynamische Gegensätze, die beim
plötzlichen Forte fast erschreckend wirken. Die groß angelegten Chorfugen werden
nicht traditionell durchgeführt, sondern gehen schnell wieder in einen freien
Stil über. Der Chor wird oft in spannungsvolle hohe Lagen geführt. In den
großflächig und klangprächtig angelegten Akkordfolgen dokumentiert sich übrigens
Beethovens große Verehrung für Händel.
Auf die Zeitgenossen muss die Messe ungewohnt, ja unverständlich gewirkt haben.
Jedenfalls soll der Auftraggeber, Fürst Esterhazy, nach der Uraufführung gesagt
haben: „Aber, lieber Beethoven, was haben Sie denn da wieder gemacht.“ Es folgte
auch kein weiterer Auftrag in dieser Richtung. Wir heute sind froh, dass er es
so gemacht hat und mit seiner starken Individualität so eindringlich zu uns
spricht.
Albrecht Haupt
„Christus am Ölberge“ (Op. 85)
Beethovens Oratorium wurde für den Konzertsaal konzipiert und am 5. April 1803
im Theater an der Wien uraufgeführt.
Christus am Ölberge hatte einen strahlenden Erfolg, zuerst in Wien und dann auch
im gesamten deutschsprachigen und europäischen Raum. Das Oratorium wurde
mehrfach in andere Sprachen übersetzt und blieb bis in die späten Jahrzehnte des
19. Jahrhunderts ein Publikums- und Konzerterfolg. Nach rund 50jähriger
Erfolgsgeschichte verebbte langsam das öffentliche Interesse an diesem
einzigartigen Chorwerk Ludwig van Beethovens, letztlich so sehr, dass es heute
mehr oder minder vergessen scheint.
Der Librettist, Franz Xaver Huber, hatte die Grundlage für Beethovens dramatisch
geprägtes Werk bereitet. Zentraler Gedanke des frei gestalteten Textes ist der
innere Konflikt Jesu in der Einsamkeit des Gartens Gethsemane; Angst und
Verzweiflung dieses Menschen stehen im Vordergrund, nicht die Darstellung der
Passionsgeschichte.
Um die theatralisch-dramatischen Aspekte des Librettos zu entschärfen, gab der
Verlag Breitkopf & Härtel eine Neutextierung des Werkes in Auftrag. Eine
geglättete Darstellung der Personen und ihrer Empfindungen war die Folge.
Beethoven – obwohl er sich deutlich gegen diese Veränderungen aussprach – hatte
keine Möglichkeit, diese Texteingriffe zu unterbinden. Teile der Neutextierung
fanden trotz Beethovens Stellungnahme ihren Weg in die Erstausgabe der Partitur.
Durch aktuelle Forschungsarbeit ist es möglich geworden, die Textfassungen des
Oratoriums herauszuarbeiten. Heute liegt Christus am Ölberge wieder mit dem von
Beethoven vertonten Gesangstext und in der (ein Jahr nach Komposition)
revidierten Fassung vor. So wie dieses Werk heute musiziert werden kann, hätte
sich wohl Beethoven die Veröffentlichung seines ersten Partiturdruckes
vorgestellt.
Dr. Anja Mühlenweg