Konzert im Rahmen der Sommerlichen Ulmer Musiktage
Ulmer Kantorei
mit
Johannes Brahms: Schickalslied
Pauluskirche Ulm
Sonntag, 14. Juli 2013, 19.00 Uhr
Wie Schmetterlinge im Sonnenschein
St. Petersburger Kammerphilharmonie in der Ulmer Pauluskirche.
Augsburger Allgemeine vom 16.07.2013, von Dagmar Hub
Wenn ein Komponist in bester Sommerlaune arbeitet, kann man das im aufgeführten
Werk spüren: So beim Johannes Brahms’ zweiter Symphonie, die er „im Kopf
wenigstens“ (so Clara Schumann) 1877 am Wörthersee fertigte. Sommerstimmung und
Leichtigkeit verbreitete das von der St. Petersburger Kammerphilharmonie in der
Ulmer Pauluskirche aufgeführte Werk auch beim Publikum der „Sommerlichen Ulmer
Musiktage“ (SUM). Allerdings kam dieses wohl angesichts des herrlichen
Sommerabends in geringerer Anzahl als sonst bei dieser Klassik-Biennale üblich,
gerade, da es um einen der Höhepunkte der Konzertserie an besonderen Orten ging.
Dabei meinte man gerade im Allegretto grazioso der Symphonie, Schmetterlinge
über eine Sommerwiese flattern zu sehen.
Während für die Brahms-Symphonie SUM-Organisator Christoph Denoix selbst die St.
Petersburger Kammerphilharmonie dirigierte, überließ er das Orchester für die
beiden anderen Brahms-Werke des Konzerts Vater und Sohn Haupt: Manuel Sebastian
Haupt führte mit seinem erst im Vorjahr gegründeten Kammerchor der Universität
Ulm die Motette „Schaffe in mir, Gott, ein rein’ Herz“ auf, sein Vater Albrecht
Haupt widmete sich mit seiner Ulmer Kantorei dem „Schicksalslied“, das der
Komponist – fasziniert von Hölderlins „Hyperions Schicksalslied“ – zwischen 1868
und 1871 vertont hatte. Respekt vor den Sängerinnen und Sängern, die mit dem oft
und auf verschiedene Weise gedeuteten Chorwerk, einer der wesentlichsten
Arbeiten Brahms’, einen eindrucksvollen Schlusspunkt unter „Brahms hoch 3“ bei
den 36. Sommerlichen Ulmer Musiktagen setzten.
Alle lieben Brahms
Unter dem Titel "Brahms hoch drei" erklangen bei den Sommerlichen Ulmer Musiktagen in der Pauluskirche drei Kompositionen des Meisters: eine Motette, seine zweite Sinfonie und das "Schicksalslied".
Südwestpresse vom 16.07.2013, von Burkhard Schäfer
Wüsste man nicht, dass der äußerst skrupulös arbeitende Johannes Brahms ohnehin
nur Meisterwerke hinterlassen hat, dann müsste man sagen: Was die Russische
Kammerphilharmonie St. Petersburg unter Christoph Denoix, die Ulmer Kantorei
unter Vater Albrecht Haupt und der Kammerchor der Universität Ulm unter dessen
Sohn Manuel Sebastian Haupt am Sonntag im Rahmen der 32. Sommerlichen Ulmer
Musiktage bei "Brahms hoch drei" zu Gehör brachten, waren drei kompositorische
Schwergewichte in Folge. Wobei das Wort "Schwergewichte" im Zusammenhang mit
just diesem Konzert nicht recht passen will: Die an zentraler Stelle erklingende
2. Sinfonie in D-Dur gilt als das heiterste Werk des Hanseaten.
Den fulminanten Auftakt der Dreierreihe bildete aber die Motette "Schaffe in
mir, Gott, ein rein Herz" op. 29.2 nach Psalm 51 in der Übersetzung von Martin
Luther. Der im Oktober 2012 von Manuel Sebastian Haupt gegründete Kammerchor
zeigte seine ganze Klasse in diesem für Brahms so typischen Werk. Bei dem steht
die thematisch-kontrapunktische Arbeit buchstäblich im Zentrum, wenn es in Vers
11 heißt: "Verwirf mich nicht vor deinem Angesicht." Dirigent und Chor haben da
alle "Hände" voll zu tun, die komplexe Polyphonie zu steuern. Der anrührende
Vers 12 "Tröste mich wieder mit deiner Hülfe" lässt schon entfernt den Satz "Ich
will euch trösten" aus dem Deutschen Requiem anklingen.
Mit der "Zweiten", Brahms 2. Sinfonie, folgte ein völlig anders geartetes Werk.
Nicht nur die Akustik der Pauluskirche kam dem entgegen. Vor allem war es der
herrlich tonschön und beseelt aufspielenden Kammerphilharmonie sowie ihrem
souverän das Orchester anführenden Dirigenten zu verdanken, dass die zugleich
sommerlich-schwärmerische und dabei doch immer wieder geheimnisvoll wie in
Pastellfarben verlaufende Klangmagie so richtig zur Geltung kam. In der vom
Abendlicht vergoldeten Kirche war die Seele dieser zutiefst beglückenden Musik
regelrecht zu spüren.
Fast an ein Wunder grenzte es, dass die Spannungskurve mit dem dritten und
letzten Werk des Abends, dem "Schicksalslied" op. 54 für Chor und Orchester nach
Hölderlins Gedicht "Hyperions Schicksalslied", nicht abriss, sondern zum
Höhepunkt kam. Zu verdanken war dies dem mittlerweile 83-jährigen Albrecht
Haupt, der die Kammerphilharmonie und die Ulmer Kantorei zu Höchstleistungen
anspornte. Auch in diesem Werk sieht man den protestantischen Leistungsethiker
Brahms wieder bei der Arbeit. Denn die Gedichtzeilen "Doch uns ist gegeben, /
Auf keiner Stätte zu ruhn" beziehen sich in ihm eigener Art und Weise auf sein
Schaffen. Das gönnt sich keine Ruhe. Die will auch der Zuhörer nicht, dem nur zu
fordern bleibt: mehr Brahms, bitte!